Karl Isidor Beck - An Rothschild Text

Songtext zu An Rothschild


An das Haus Rothschild

1.
Verkühlet sind die römischen Blitze!
Kein Held mit drohender Degenspitze,
Kein Solon und keine Helena
Lenkt zaubergewaltig der Erde Zügel;
Du siegst, o Herr, mit kaltem Geklügel,
Der Könige König stehst Du da!
Es schauen die Menschen im Bangen und Staunen
Nach Deinen entscheidenden Augenbraunen;
Sie glauben an Deinen Federzug,
Wie an des Himmels Offenbarung.

Du willst — da wandelt sich im Flug,
Was Du berührst, in Glück und Nahrung.
Nach Deinen Launen herrscht das Gold,
Die Sorge steht in Deinem Sold.
Dein Name klingt wie eine Mähre
Aus duftiger Tausend und Einer Nacht.
O wär Dein Werk so schön! O wäre
Dein Herz so groß wie Deine Macht!

2.
Es tönt von Recht und Licht und Freiheit,
Vom echten Gott in seiner Dreiheit,
Die liedergesegnete Laute der Barden:
Da folgt das horchende Menschenkind
Den Geistern, die niedergestiegen sind
Von hohen heiligen Mansarden.
Es mahnt die wiedergenesene Jugend
Wie mit des Heimwehs zärtlichem Triebe,
Wie mit dem Rausch der ersten Liebe,
Wie mit der Väter eiserner Tugend;

Und der Begeisterung zeugender Samen
Geht auf in hundert herrlichen Namen!
Du aber prüfest die Herzen und Nieren,
Und rechnest und blätterst in Deinen Papieren;
Flugs wird der Erde Wohl und Kummer
In schweigende Ziffern hineingequält,
Es werden die Länder, die Völker gezählt,
Und jeglicher Thron hat seine Nummer.
Das Lied, was uns die Geister geboten,
Du nennst es Hunger nach Ruhm und Broten.
Ob mutig zum Kampf die Hörner blasen,
Du willst, daß friedlich die Völker grasen;
Drückst kalten Blutes mit Deinen Noten
Den Stahl in die Faust der gefürsteten Macht,

Uns pocht das Herz so laut in der Nacht —
Das törichte Herz, es fühlt die Bedrängnis,
Von einer göttlichen Empfängnis;
Doch lauter pochen die Hämmer der Schmiede!
Dort wird gezeugt der bewaffnete Friede,
Der barsch und klirrend auf die Gassen
Sein rohes Amt, sein Richtbeil trägt,
Und unser Lieben und unser Hassen
Nach ihren Heimatscheinen fragt.
Wir aber, verhandelt und verraten,
Wir fassen statt des Schwerts den Spaten,
Den Rausch erkältet der Betrieb;
Wir klagen und hoffen, umarmen das Lieb,
Und Kinder sprossen statt der Taten.
Nun füllt allmächtig der Väter Herz

Die Sorge für den Futterkasten;
Sie lassen sich ans Leben tasten,
Und lächeln noch im herbsten Schmerz;
Sie helfen binden, was ungebunden,
Was spitz und schroff, sie helfen es runden;
Sie helfen geschäftig das Grade biegen,
Und wässern des Gedankens Wein;
Sie lassen, statt des Adlers, die Fliegen
Die Würdenträger der Höchsten sein.
Ach, ob das Reich verschimmelt und faul,
Ach, ob die Jugend ein finsterer Saul,
Mit Gott und mit sich selber grollt;
Ob ewig auf zerbrochenen Achsen
Die deutsche Geschichte keuchend rollt;
Ob winzige Maulwurfshügel wachsen,
Wo Pyramiden stehn gesollt:
Sie küssen die Sohlen Deiner Schuhe,
Sie danken Dir die geheiligte Ruhe,
Die nur der Rebe Blut versprützt,
Und ihren Verdienst und — Deine Truhe,
O Herr, mit rührender Treue schützt.

Da naht der kindliche Bürgermeister
Aus Östreichs fetter Kaiserstadt,
Er reichet Dir, Du Lorbeerbereister,
Mit großen Siegeln ein würdig Blatt.
Wo Policinell in launiger Posse
Die Galle des Sklaven rosig bemalt,
Wo Dein gehetzter Glaubensgenosse
Sein Licht und seine Luft bezahlt:
Dort wird das Recht des Bürgers Dein.
Schlug hoch das Herz in Deiner Brust,
Du tratest verächtlich die schnöde Lust,
Des Freien Glück, das Dein allein
Und nicht der Brüder konnte sein! —
Es danken die Fürsten im Süden und Norden
Mit Band und Stern und Baronat;
Es sendet der heilige Kirchenstaat
Sein Lob und seinen Erlöserorden.

3.
Du ein Erlöser? — Trugst Du je
In Deiner Seele der Menschen Weh?
Rangst Du wie Jener in bittrer Nacht?
Hinopfernd die stolze, die irdische Macht,
Die Dein berauschter Blick geschaut
Zu Deinen Füßen in reichster Verschwendung,
Für eine milde beglückende Sendung,
Vom großen Geist Dir anvertraut?

Auf stand das mutige Frankenkind,
Es grollte dem Herrn und seinem Gesind.
Es zog für sein beleidigt Recht
Mit wachsendem Herzen ins heiße Gefecht.
Gerüstet trat es in die Schranken
Für seine mündigen Gedanken.
Warst Du bereit? Erklang Dein Gold,
Wie Lerchengezwitscher, jubelnd und hold
Zum Lenz, der in der Welt sich rührte?
Der, was an sehnlichen Wünschen tief
In unsrer Brust verschüttet schlief,
Verjüngt zurück ins Leben führte?

Laß Deine klirrenden Schlüssel fallen,
O Papst des Goldes, tritt heraus!
Dicht rankt sich an Deine beneideten Hallen
Ein heiliggesprochenes Bürgerhaus.
Drin waltete segnend ein Herzensreiner!
Wie jener hochgesinnte Lateiner,
Zu retten den Mut im zagenden Land,
Sein höchstes Gut, die Heldenhand,
Begeistert in die Flammen stieß,
Und schweigend sie verdorren ließ:
So warf er begeistert Hab und Gut
Und schweigend in der Freiheit Glut,

Daß schön der Mensch in ihrem Lichte
Gedeihe auf der schönen Erde,
Und das Jahrhundert gesehen werde
Im Angedenken der Weltgeschichte.
Zu seinen Vätern ging er hin,
So arm, so reich! — Ein schwärmender Knabe,
Ein Bettler freilich — in Deinem Sinn;
Ihn trug ein ganzes Volk zu Grabe!
Es ging im Leichenzuge mit
Gedämpften Schritts die Marseillaise.
Wer sprach? — So trugen sie Lafitte,
Den Bettler, auf den Père la Chaise.

4.
Sieh hin! Sieh hin! Vorüber geht
Mit morschem Hut und morscher Sohle,
Und murmelt schämig ein Gebet
Vom täglichen Brot, ein bleicher Pole!
Es bettelt ein Held! Entmarkt der Knochen,
Der mächtig des Drängers Joch zerbrochen.
Das Auge sieh, das tränenfeuchte,
Voreinst der Begeisterung flackernde Leuchte!

Zu Kerkern entwürdigt die Grüfte der Väter
Der Freund zum Zobelfang gehetzt —
Sein Gut verschleudert an feige Verräter —
So darbt er in der Fremde jetzt.
Er sieht Dich in den Säcken kramen,
Nimmt freudezitternd das Silberstück,
Und segnet Dich und Deinen Samen.
Ich aber schleudre des Bettlers Glück
Verächtlich in Deinen Beutel zurück,
In der beleidigten Menschheit Namen!

Als sie mit Sensen und kühnen Fanfaren
Freischarten gegen die Knechte des Zaren;
Als Kirchen und Klöster die Kelche des Herrn
Zu Brot und Trank und Schwertern machten;
Glückselige Bräute von Nah und Fern
Die Ketten, die Perlen, das Ringlein brachten;
Gebärende Mütter des Säuglings Kissen
Stillweinend zu Verbänden zerrissen;
Als sie zuletzt verkauft und verraten,
Mit einem zürnenden Blick nach Oben
Erschöpft in alle Welt zerstoben:
Da schlug die Uhr für Deine Taten,

Da mahnten die Geister, labend und schnell
Zu sprudeln Deinen verschlossenen Quell
In ihr verschmachtend Eingeweide.
Du hast ein Herz im Busen gespürt,
O Herr, Du tatest es gerührt —
Dem Freund im Norden nicht zu Leide.
Ach wie das Wenn, das angeschossen,
Verstohlen sich trennt von seinen Genossen,
Daß nicht die Qual der Sterbestunde
Die Lieben störe, die wohlgemutet,
Ins Dickicht keucht und an der Wunde
Mit Tränen im Auge stumm verblutet:
So zogen sie mit rührendem Schweigen
Fort aus der Völker frischem Reigen,
An düstern, unbelauschten Ecken,
Aufs letzte Lager sich hinzustrecken.

5.
Hast Du den eigenen Stamm befreit,
Der ewig hofft und ewig duldet?
Der lächelnd die schimpflichen Ketten verguldet,
Ein fertiger Knecht, zu tragen bereit,
Was er verschuldet und nicht verschuldet?
Vom Himmel war der Haß bescheinigt,
Mit dem ihn schwer die Erde gepeinigt.
Kein Fürst, der willig die Unnatur,
Den Schaden seines Wesens, reinigt!
Das Schicksal aber wirkt und webt
Mit zögernder Hand am Banner nur,
Das sühnend eint in später Uhr,
Was jetzt noch wild sich widerstrebt.

Sie haben ihre Geschichte begraben,
Es duften die Psalmen vergessen und wild.
Wo blüht ihr Reich? Wo glänzt ihr Schild?
Doch einen König mußten sie haben!
Sie salbten Dich in Saus und Braus,
Du ragtest über die Häupter hinaus,
Dir waren die Blicke des Volkes hold,
Denn Du besaßest — das schwerste Gold.

O hättest Du Dein Volk bedacht,
Allhier es wieder zu Ehren gebracht!
O hättest Du mit goldener Lippe
Den zinsenberechnenden Bruder gelehrt,
Wie man fürs Wohl der Welt entbehrt,
Und nicht den hungrigen Säckel beschwert
Für sich allein und seine Sippe!
Die eigene Schuld und der Väter Vermächtnis:
Die Eigenliebe, die List und den Wucher —
Du strichest sie aus in seinem Gedächtnis
Wärst Du Erlöser und nicht Versucher!
Doch mochtest Du gern Dich selber ergötzen
Vor goldenen Kälbern und silbernen Klötzen!
Wie singt es, wie klingt es jubeltönig,
Es tanzen die Knechte mit ihrem König!

6.
Der Großen Größter stehst Du da,
Mit Deinem beherrschenden Nein und Ja!
Doch Herr, wenn alle die hungrigen Edeln,
Die jetzt an Deiner Kette wedeln —
Weil Du sie fütterst, Dich behüten
Wenn sie, zerreißend das lästige Band,
In Deine flüchtigen Fersen wüten —
Dann suchst Du vergebens die wehrende Hand.

Ob Deine Kisten und Kasten leer,
Ob strotzend und trotzend in späten Tagen:
Es wird verschüchtert und grollend und schwer
Dein Enkel an Deinem Namen tragen.
Gespenstig wird in des Dichters Sagen
Dereinst, ein zweiter Ahasver,
Von Land zu Land Dein Schatten schweifen;
Denn, Herr, Du lachtest, Du schautest kalt
Zum Opfertod die Völker schleifen,
Halfst nicht mit Deines Armes Gewalt,
Als sie nach Dir vertrauend blickten,
Und unter dem Kreuz zusammen knickten.

7.
Ja feilsche nur mit Staaten und Thronen,
Befestige Deine papierenen Kronen
Bedächtig in Deinen weißen Haaren!
Wenn Du des Bürgers Mark gesogen,
Erbaue Spitäler und Synagogen,
Es wird der Herr sie segnen und wahren!
Laß dann von hundert erhandelten Leiern
Dein mildes Herz geschwätzig feiern;

Ja kaufe mit Deinen verrosteten Dreiern
Dem Frommen den billigen Himmelstrost!
Mir aber graut vor einem Erbarmen,
Das auf dem Markt mit Bettlern kost,
Und heimlich, mit unersättlichen Armen
Die Fürsten verführt und die Völker verlost;
Mir aber graut vor einem Frommen,
Der stets des eigenen Heils gedenkt,
Großmütig uns in Tropfen schenkt,
Was er mit Eimern uns genommen.

8.
Gab mir der Himmel eine Sonne,
Sie müßte werden des Weltalls Wonne;
Sie lockte die Blüten, sie reifte die Frucht,
Sie zwänge das Dunkel zur schleunigen Flucht;
Sie brächte Verklärung schön und groß,
Wär nicht das Lämpchen des Mitleids bloß;
Beglühte mit ihrem unsterblichen Schein
Die Lumpen des Bettlers nicht allein,
Und schämte sich, bloß Würmer und Mücken
Auf eine Stunde zu beglücken.

Du bist der Sünder nicht allein,
Ich weiß es — aber im Felsgestein,
Das goldgeschwängert, doch kalt und hart
Hinein in unser Elend starrt,
Bist Du, o Herr, die höchste Spitze,
Drum treffen Dich des Dichters Blitze!
Du saßest beredt im Lehrerstuhle,
Es lernten die Reichen in Deiner Schule;
Du mußtest sie führen ins Leben hinein,
Du konntest ihr Gewissen sein.
Sie sind verwildert — Du hast es geduldet,
Sie sind verworfen — Du hast es verschuldet.

O Schmach! der Sendung schwindelnde Größe,
Die gern die Nornen Dir bescheiden,
Zu lindern der Welt gesamte Leiden —
Zum Lappen für eines Bettlers Blöße
Mit knickernder Schere zu verschneiden!
O Schmach! zu füllen den hungrigen Schrein
Für sich und seine Kinder allein!
Weh mir, wenn ich in langer Nacht
Mit heißem Hirn es durchgedacht:
Dann starb die Jugend in meinem Busen,
Die Musen flohen — ich sah Medusen.
Dann hob sich bäumend meine Locke,
Mir war's, als riß ich an Gott Herzen,
Ein Glöckner an der Feuerglocke,
In jener Stunde der wildesten Schmerzen,
Als hätten die Geister der Geschichte

Geheimnisvoll mir anvertraut
Das Losungswort zum Weltgerichte —
Ich darf's nicht sagen, noch leise noch laut;
Kaum darf ich in meinen Träumen lallen,
Auf schweigenden Kissen des Sängers Fluch:
"Weh euch! weh euch! ihr stolzen Hallen!"
Doch einst im modernden Leichentuch
Wird wonnig schaudern mein Gerippe,
Wenn nieder zu mir die Kunde taucht,
Daß auf den Altären das Opfer raucht.
Nimm diesen Kelch, o Herr, und nippe,
Und mundet er bitter, dann wisse nur:
Es ist der Schaum, der von der Lippe
Der hingeschlachteten Menschen fuhr;
Es ist die Träne der Angst und des Krampfes,
Es ist der Schweiß des Todeskampfes.

9.
Ich brachte die feurigen Kohlen getragen
Auf Deinen Scheitel. Ich weiß, es kann
Dein mächtiger Arm mich blutig schlagen.
Wie's Gott befahl, und sonder Zagen,
So sang ich offen, was ich sann.
Gern gönn ich Dir den Trost, zu sagen:
Ich sänge nur der Armut Klagen,
Dieweil ich selbst — ein armer Mann.

Lies, Lies! in diesem Buch der Lieder,
Warum mein Herz sich abgegrämt.
Mir wars, als hätt ich die giftige Hyder,
Indem ich sang, mit Milch gezähmt.
Mag's wie Lawinen und Wasserfälle
Allmächtig durch die Stille toben,
Wie Aar und Gemse die Freiheit loben,
Und starren wie des Gletschers Wälle,
Wie Alpenglühen zum Himmel brennen,
Verbürgend ein herrlich Morgenrot,
Und gastlich, gleich der Hütte des Sennen,
Sich öffnen dem müden Kind der Not;
Gleich üppigen Matten und kühlendem Born,
Die Seelen erquicken im schwülen Brande,
Wie Herdenglocken und Alpenhorn
Das Herz vermählen dem Vaterlande:

Denn auf den Alpen empfand ich die Wehen
Des Lieds, das mir im Geist erwachte,
Als ich die Gesundheit der Erde gesehen,
Und ihrer hinsiechenden Menschen gedachte.
Frei ist's und stolz, es darf Dich meistern,
Dir sagen, worauf es gläubig schwört:
Daß Dir und Deinen Lügengeistern,
O Herr, die Zukunft nicht gehört!
Der Glanz, der prahlend Dich umlichtet,
Ist nur ein sterbend Abendrot.
Beherrsche die Sklaven mit Deinem Gebot —
Die Freien haben Dich gerichtet.

Karl Isidor Beck - An Rothschild Songtext

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