Songtext zu Die Dreiunddreißigjährige
Sie hat sich das alles ganz anders vorgestellt.
Immer diese verrosteten Volkswagen.
Einmal hätte sie fast einen Bäcker geheiratet.
Erst hat sie Hesse gelesen, dann Handke.
Jetzt löst sie öfter Silbenrätsel im Bett.
Von Männern läßt sie sich nichts gefallen.
Jahrelang war sie Trotzkistin, aber auf ihre Art.
Sie hat nie eine Brotmarke in der Hand gehabt.
Wenn sie an Kambodscha denkt, wird ihr ganz schlecht.
Ihr letzter Freund, der Professor, wollte immer verhaut werden.
Grünliche Batik-Kleider, die ihr zu weit sind.
Blattläuse auf der Zimmerlinde.
Eigentlich wollte sie malen, oder auswandern.
Ihre Dissertation, Klassenkämpfe in Ulm, 1500
bis 161/2, und ihre Spuren im Volkslied:
Stipendien, Anfänge und ein Koffer voller Notizen.
Manchmal schickt ihr die Großmutter Geld.
Zaghafte Tänze im Badezimmer, kleine Grimassen,
stundenlang Gurkenmilch vor dem Spiegel.
Sie sagt: Ich werde schon nicht verhungern.
Wenn sie weint, sieht sie aus wie neunzehn.
Hans Magnus Enzensberger - Die Dreiunddreißigjährige Songtext
zu Die Dreiunddreißigjährige von Hans Magnus Enzensberger - Die Dreiunddreißigjährige Lyrics for Hans Magnus Enzensberger - Die Dreiunddreißigjährige Lied Die Dreiunddreißigjährige Tekst Hans Magnus Enzensberger - Die Dreiunddreißigjährige Text Die Dreiunddreißigjährige Hans Magnus Enzensberger Die Dreiunddreißigjährige Liedtext