Songtext zu Schön Suschen
Schön Suschen kant’ ich lange Zeit:
Schön Suschen war wol fein;
Vol Tugend war’s und Sitsamkeit:
Das sah ich klärlich ein.
Ich kam und ging, ich ging und kam,
Wie Ebb’ und Flut zur See.
Ganz wol mir that es, wann ich kam,
Doch, wann ich ging, nicht weh.
Und es geschah, daß nach der Zeit,
Gar andres ich vernam:
Da thats mir, wann ich schied, so leid,
So wol mir, wann ich kam:
Da hatt’ ich keinen Zeitvertreib,
Und kein Geschäft, als sie:
Da fühlt’ ich ganz an Seel’ und Leib,
Und fühlte nichts, als sie.
Ich war wol dum, und stum, und taub;
Vernam nichts, ausser ihr;
Sah nirgends blühen Blum’ und Laub;
Nur Suschen blühte mir.
Nicht Sonne, Mond, und Sternenschein,
Mir glänzte nur mein Kind;
Ich sah, wie in die Sonn’, hinein,
Und sah mein Auge blind.
Und wieder kam gar andre Zeit,
Gar anders ward es mir:
Doch alle Tugend, Sitsamkeit,
Und Schönheit blieb an ihr.
Ich kam und ging, ich ging und kam,
Wie Ebb’ und Flut zur See.
Ganz wol mir that es, wann ich kam,
Doch, wann ich ging, nicht weh. –
Ihr Weisen, hoch und tief gelahrt,
Die ihr’s ersint, und wist,
Wie, wo und wann sich alles paart?
Warum sich’s liebt und küst?
Ihr hohen Weisen, sagt mir’s an!
Ergrübelt, was mir da,
Ergrübelt mir, wo, wie und wann?
Warum mir so geschah? –
Ich selber san wol Nacht und Tag,
Und wieder Tag und Nacht,
So wundersamen Dingen nach;
Doch hab’ ich nichts erdacht. –
Drum, Lieb’ ist wol, wie Wind im Meer:
Sein Sausen ihr wol hört,
Allein ihr wisset nicht, woher?
Wist nicht, wohin er fährt?
(Im Februar 1776)
Gottfried August Bürger - Schön Suschen Songtext
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